Eckhard Bendin, Farbenlehre Dresden

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Colour People Interview

“…durch und durch auf Goethes Seite”

Eckhard Bendin

Eckhard Bendin arbeitete nach seinem Architekturstudium in Weimar zunächst als Architekt und Künstler, leitete dann ein Büro für Architekturbezogene Kunst in Erfurt. 1983 erhielt er einen Lehrauftrag an der Fakultät Architektur der TU Dresden und wirkte am dortigen Institut für Grundlagen der Gestaltung und Darstellung als Privatdozent für Gestaltungslehre bis zu seiner Emeritierung 2006.

In dieser Funktion hat er DDR-Zeiten, Wendezeiten und Nachwendezeiten miterlebt und mitgestaltet, und er tat dies auf eine ungewöhnlich freiheitliche Weise.

Man könnte Bendin als einen heutigen Verfechter der Goetheschen Farbenlehre (er bevorzugt den Begriff “Farbenkunde”) bezeichnen. Ebenso wie dieser fordert er eine enge Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft und eine interdisziplinäre Ausrichtung der Farbenlehre, mit den heutigen Erkenntnissen und Möglichkeiten. Hierin liegt auch der Berührungspunkt mit der Idee freier Farbe.

Bendin empfängt den Interviewer in der von ihm aufgebauten Lehr-u. Forschungssammlung Farbenlehre an der TU Dresden. Es ist ein angemessener Ort, bietet er doch in Schrittweite die Literatur, aus der Bendin weite Teile zitieren kann. Trotz des schon lange mit einer 7 beginnenden Alters ist er ein Gesprächspartner mit blitzschnellen Assoziationen, der die Namen und Theorien der Farbenlehre zitiert wie kein Zweiter.

Fragen an Eckhard Bendin

Haben Sie eine Lieblingsfarbe, Herr Bendin, und wenn ja warum?

Das ist das Violettblau des Usambaraveilchens. Diese Farbe hat so eine samtene Qualität. Ultramarin ist dagegen noch zu neutral, es muss deutlich rötlicher werden, damit es so unter die Haut geht. Es hat etwas Saugendes, Sehnsuchtsvolles. So stelle ich mir die Farbe der Romantik vor.

Wo sehen Sie Ihre Schnittstelle mit freierFarbe?

Es sind z.B. die Untersuchungen an historischen Farbtonkreisen, auf die ich Zugriff hatte. Dies waren sowohl lackierte Originalaufstriche von Entwürfen als auch gedruckte Kreise in Vollfarbenqualität. Nach Ostwalds Definition sollten die Körperfarben maximaler Sättigung in einer zyklischen Ordnung realisiert sein. Es hat sich durch Diskurse mit Kollegen sowie aus Schriften, z.B. zur Gestaltpsychologie oder der Kombinatorik und Harmonik, herausgestellt, dass die Farbkreise zeigen, welche Rolle die Prägnanzfrage hat, ebenso die harmonikale Stellung der Farbtöne im Kreis.

Insofern hat mich gefreut, dass in Ihrer Software die Frage der Harmonie angesprochen wird. Das Problem der Farbenharmonie spielt ja in der Gestaltung eine große Rolle. Ich mag aber den Harmoniebegriff bei Farben nicht. Er kennzeichnet die ausgezeichnete Situation, dass alles stimmig ist. Jeder der sich mit Musik beschäftigt, weiß dass die Dissonanz genauso wichtig ist wie die Konsonanz, es kommt auf die Struktur des Ganzen an. Mich interessiert das strukturelle Gefüge der Mannigfaltigkeit.

Wie sind Sie zur Farbe gekommen?

Ich wollte eigentlich Musik studieren, wo die Harmonik ein essenzieller Ausbildungsinhalt ist. Vielleicht hätte ich auch Komponist oder Arrangeur werden können, wo es auch um das Ganze geht. Ich bin aber in die Architektur gegangen. Vielleicht war es eine Ersatzleistung, dass mich auch hier die Harmoniefrage stark interessiert hat. Ich bin während des Studiums schon abgedriftet in den künstlerisch-ästhetischen Bereich und habe später Gestaltungslehre unterrichtet. Ich war mir bewusst, dass der sinnliche Bereich unterrepräsentiert ist an fast jeder Universität, mal abgesehen von einigen Kunst- oder Gestaltungsschulen, aber auch da wird es oft missverstanden, dass die Frage der Gestalt nicht als eigene Qualität angesehen wird.

In den Bauhausfilmen, die kürzlich im Fernsehen liefen, sieht man, wie der Funktionalismusbegriff und der technische Fortschritt alles überlagert haben. Man hat das Sinnliche gar nicht mehr als Funktion angesehen. Auch in meiner Ausbildung wurde zumeist getrennt zwischen Inhalt und Form. Mir war aber klar, dass die Form nicht zu trennen ist vom Inhalt, ebenso wie Geist und Körper auf vielerlei Weise und auf vielerlei Ebenen untrennbar verknüpft sind. Daher habe ich immer gespürt, dass es wichtig ist, gestalterischen Anliegen Bestätigung zu holen aus anderen Disziplinen.

Bendins Box “Zur Farbenlehre” vereint die wichtigsten Erkenntnisse der Farbenlehre in Wort und Tat (Versuchsmaterialien)

Beispielsweise aus der Wahrnehmungspsychologie: es gab z.B. eine Analogieforschung in den 20er 30er Jahren, wo man die Korrelation verschiedener Sinnesleistungen erforschte. Die meisten von uns sind assoziativ begabt, nur wenige als Synästhetiker. Es gibt aber auch phylogenetisch erworbene, triebhafte Dispositionen, die unsere Wahrnehmung von Farben, Formen, Gerüchen usw. zusammenführen. In der Synästhesieforschung spricht man von ‚intersensoriellen Dimensionen‘ der Wahrnehmung wie z.B. Helligkeit, Intensität und Dichte. Es ist bis heute ein Geheimnis, wie es wirklich funktioniert. Man hat an Primaten z.B. erforscht, wie eng das Form- und Farbsehen miteinander gekoppelt ist, und dass vermutlich nicht nur verschiedene Dinge in verschiedenen Hirnarealen stattfinden.

Aus der Notwendigkeit transdisziplinärer Anschauung hat sich auch die Gründung des Dresdner Farbenforums ergeben. Hier eröffneten sich Möglichkeiten, mit Fachleuten ganz unterschiedlicher Bereiche zu kommunizieren. Auch die Sammlung Farbenlehre ist eine organisch gewachsene Folge der Bemühungen, überkommenes Wissen und Erfahrungen universitär zu verknüpfen und fruchtbar zu machen.

Wie war die DDR-Zeit der Farbenlehre?

Ich bin 1983 hierhergekommen. Bei den großen Dresdner Tagungen in den 60er und 70er Jahren waren Ost und West und Europa noch beieinander, aber es fehlte bereits der regelmäßige Austausch mit Kollegen. Viele Bemühungen verliefen isoliert und parallel, z.B. zu Standardisierungen in Ost und West. Während der gebürtige Dresdner Manfred Richter an der BAM in Westberlin die Farbenkarte DIN 6164 erarbeitete, entwickelte der einstige Ostwald-Gehilfe Manfred Adam in Großbothen/b. Leipzig im Zusammenwirken mit Gerhard Zeugner die Farbenkarte TGL 21 579, zudem entsprechende Anschauungsmittel für den schulischen Unterricht. Auch in den 80er Jahren gab es hier Bemühungen, eine farbmetrisch begründete Neuausgabe der legendären Baumann-Prase-Farbtonkarte herauszugeben. Der wirtschaftliche Umbruch nach der politischen Wende vereitelte dies jedoch.

Eines der Alleinstellungsmerkmale der Dresdner Sammlung Farbenlehre ist, dass sie die verschiedenen farbwissenschaftlichen Leistungen vor, während und nach der Trennung in Ost und West in sich vereint. Sie verdeutlicht, wie wichtig und notwendig vereinte Bemühungen wären. Auch zu Schweizer Kollegen ergaben sich nach der Wende erweiterte Kontakte, z.B. hinsichtlich historischer Schnittstellen im Zusammenwirken von Wissenschaftlern und Künstlern, wie Wilhelm Ostwald, Aemilius Müller, Hans Hinterreiter oder Jakob Weder.

Was halten Sie von freier Farbe?

Es ist für mich, der ich mich viel mit der Geschichte der Farbenlehre beschäftigt habe, erfreulich zu sehen, dass über die Begrenzungen hinaus gedacht wird, dass man auch den Anwender im Blick hat, der mit der Komplexität der parallelen Entwicklungen klar kommen muss. Die Vielfalt der sukzessiven Bemühungen zwingt dazu, dass man die Dinge auch generalisierend ansieht. Betreffs CIELAB bin ich zu dem Schluss gekommen, dass man sich für wissenschaftliche Vergleiche auf eine neutrale Grundlage begeben muss, um verständlich zu werden.

Wir haben eine klares Anliegen: der Mensch sollte frei sein, die Gedanken sollten frei sein, Farbe sollte frei sein – warum machen wir uns den Stress von Nutzungsrechten und dem Entzug gewisser Farbtöne aus gewissen Wirtschaftsbereichen? Die zweite Seite ist: es gibt bessere Möglichkeiten als die kommerziellen Systeme, sie sind in jedem Computer enthalten. Wir sind interdisziplinär, wir arbeiten nicht nur innerhalb der Druckbereiche.

Heute kann ich nur ahnen, wie grundlegend Ihre Arbeit eigentlich ist. Es gibt ja den Unterschied zwischen der Bildschirmwahrnehmung und der alltäglichen Wahrnehmung. Ich bin davon ausgegangen, dass das Auge sich in seinen Adaptationsvorgängen sehr fein auf die jeweiligen Umstände einrichtet. Bei meinen Untersuchungen bin ich wie Ostwald von Körperfarben und matten Farbton-Kollektionen ausgegangen. Natürlich ist es herausfordernd und phantastisch, was man heute am Computer machen kann. Als ein noch aus der analogen Welt stammender Zeitgenosse müsste ich aber sicher Nachhilfe bei Ihnen nehmen…

Es ist kein Hexenwerk, Farbe für unterschiedliche Ausgabesituationen korrekt zu berechnen, die Algorithmen sind ja in jedem Computer ab Werk vorhanden.

Ich bin sehr froh, dass es so eine Bemühung gibt, hätte es sie bereits vor 20 Jahren gegeben, dann wäre mir damals wohl manche Mühe erspart geblieben. Mit meinem Farbmessgerät habe ich um die Jahrtausendwende die Struktur von 62 Farbtonkreisen untersucht. Dazu gehörten verschiedene Gliederungsansätze, z.B. Prägnanzuntersuchungen und Untersuchungen zur Kreisgesetzlichkeit sowie zur ‚Complikation‘ nach Viktor Goldschmidt. Sie zielten auf eine isogonale Farbtonstufung – so ähnlich wie Sie das in Ihrer Software anbieten. Die auswertenden Berechnungen konnte ich damals leider nicht vollenden und müssten weiter geführt werden mit den heutigen technischen Möglichkeiten.

Was halten Sie von Goethes Farbtheorie?

Ich bin durch und durch auf Goethes Seite. In den letzten Jahren ist es zunehmend dazu gekommen, dass man auf Goethe einen anderen Blick hat. Goethe hat Licht und Farbe phänomenologisch aufgefasst. Die Newtonsche Reduktion war ihm suspekt, seine Farbenlehre war auch als grundlegende Wissenschaftskritik angelegt. Goethe hat für wissenschaftliches Arbeiten z.B. auch die Sinnlichkeit und Phantasie einbezogen. Es ist ein altes Vorurteil, dass Exaktheit, Sinnlichkeit und Phantasie unvereinbare Größen seien. Dies ist ein Credo, das ich mit Goethes Farbenlehre verbinde.

Würden Sie sagen, Sie sind Goethe noch mehr verbunden als allen anderen, z.B. Ostwald?

Ich finde Ostwald großartig in Bezug auf seine Praxisorientiertheit und seine Effektivität des Arbeitens. Er hat auch druckreif geschrieben. Von der Grundhaltung her war auch Ostwald jemand, der wie Goethe historische Vorleistungen kritisch befragte, aber auch Prophetisches anerkannte und als solcher nicht nur ein Goethe-Fan, sondern er schätzte durchaus auch die etwas abweichende Auffassung Schopenhauers. Zudem pflegte er seinerzeit u.a. mit Munsell, Fechner und Wundt fachlichen Austausch. Ihm war nur nicht vergönnt, seine ‚Psychologische Farbenlehre‘ als Kern und Schlussstein seiner Farbenlehre zu veröffentlichen. So verbindet mich vieles auch mit dem etwa 30 Jahre nach Ostwalds Tod veröffentlichten Entwurf einer „Psychophysikalischen Licht-Farben-Funktionsordnung“ des Physikers und Weizsäcker-Schülers Eckart Heimendahl, der sich explizit auf Goethe und Schopenhauer als auch neuere Erkenntnisse stützt. Auch schätze ich in diesem Zusammenhang die subtilen Vorleistungen zum Kontrastsehen durch Chevreul oder zur Interaktion der Farbe durch Josef Albers.

Wie müsste man Goethe in die heutige Farbenlehre einbauen?

Goethes Farbenlehre beginnt mit der Aufarbeitung des damaligen Wissens in seinen ‚Materialien zur Farbenlehre‘. Ohne Ähnliches zu tun, kann man auch heute den Anspruch nicht vermitteln, das Thema als Ganzes zu behandeln. Mir geht es bei der Farbenkunde um alle Erkenntnisse, die Farbe betreffen.

Farbe ist im Grunde bis heute ein ungeklärtes Phänomen und ein Mysterium. Es gibt nichts Komplexeres als das Licht, es ist bis heute ungeklärt. Alle biologischen Prozesse sind abhängig vom Licht der Sonne. Es gibt kaum etwas Umfassenderes, Universelleres. Goethe hat geschafft, die Mannigfaltigkeit der Naturerscheinungen Licht und Farbe miteinander zu verknüpfen, er ist unübertroffen darin, dies zu beschreiben. Auch die Interaktion von Farbe beschreibt er bereits, ebenso die Polarität als Ausdruck der Totalität. So spricht er von Gegenfarben, kaum von Komplementärfarben. Ich meine, dass man viel mehr in die Farben- und Gestaltungslehre einfließen lassen sollte. Die Wahrnehmungslehre beispielsweise, die Interaktion, die oft nur unter Laborbedingungen untersucht wird, wird vernachlässigt und sollte mehr in den Fokus gerückt werden.

Bendins Farbrelief “Scheintrilogie I” (2007) stimmt den Besucher im Eingangsbereich der Sammlung Farbenlehre ein.

Mein Ziel ist, einen gestimmten oder mehrere stimmige Farbtonkreise zu erzeugen, die für verschiedene didaktische und gestalterische Zwecke eingesetzt werden könnten. In der Musik würde man vom “wohltemperierten Klavier” sprechen. Meine Untersuchung beschränkt sich auf den Vollfarbenkreis. Sinn der Übung ist, Anschauungsmaterial zu schaffen, das deutlich macht, wie die Farben strukturell und harmonikal zu einander in Beziehung stehen. Ein Zwölftonkreis würde z.B. genügen. Es sollte nicht zu viele Farbtöne geben, weil man sonst ins Schwimmen gerät. Deshalb hatte sich auch Goethe auf 6 Grundfarben beschränkt.

Ich glaube, dass Goethe und Newton sich hätten verständigen können, wenn sie in einer Zeit gelebt hätten. Es sind einfach zwei unterschiedliche Ansätze, der lebensweltliche bei Goethe und der exaktwissenschaftlich-physikalische bei Newton. Die Zusammenführung beider meinte Goethe mit dem Begriff der “exakten Phantasie”. Sein großes Verdienst bleibt es, auf eine derartige Anschauung der Phänomene verwiesen zu haben. Goethe erscheint mir auch deshalb vorbildhaft, weil er das ganze Leben als ‚Sprache der Natur‘ in seine Farbenlehre hineingeholt hat.

Haben Sie ein Anliegen, das Ihnen wichtig ist?

Ich bin froh, wenn es weiter geht auf dem Weg, den Goethe gewiesen hat. Wir sind heute viel weiter als ich es hoffen konnte. Ich freue mich über Kinder in ihrer naiven, unmittelbaren Art, die Welt anzuschauen und zu entdecken. Begabungen sollten gefördert werden, aber man sollte nicht zu viel hinein gießen. Das Entscheidende für den Beruf ist es, die Sensibilität zu steigern und das ‚Machen‘ zu fördern. Ich bin sehr optimistisch bei den jungen Leuten, wünsche mir aber bei Allem auch etwas mehr Kontemplation zur Erholung unserer Sinne. Ein Spaziergang bietet oft mehr als ein Vorlesungsmarathon.

In welche Richtung sollte die Farbenlehre forschen?

Es ist vielleicht an der Zeit, den Begriff der “Farbkunde” einzuführen. Hier können sich viele Strömungen treffen. Es geht darum, sie zusammenzuführen.

Eine wichtige Erkenntnis ist z.B., dass jeder Sehvorgang mit einer bestimmten Beleuchtungssituation verbunden ist, einem ‚Grund‘, aus dem die Farbempfindung erwächst. Nichts ist isoliert. Farbmannigfaltigkeit erwächst aus einem generativen Zusammenhang zwischen jenem ‚Grund‘ und spezifischen Aufhellungs- bzw. Verdunklungsvorgängen. Das hatte Goethe bereits erkannt, indem er von den ‚Taten des Lichts‘ und der Polarität von Licht und Finsternis spricht.

Drehende Kreisel zeigen erstaunliche und unerwartete Farbkombinationen, was viel über unsere Wahrnehmung verrät.

Das Hauptproblem der Wissenschaft heute ist: man isoliert die Geheimnisse zu sehr und sagt, solange ich in dieser isolierten Situation nichts Eindeutiges sehe, sage ich lieber nichts, ehe ich mir Scharlatanerie vorwerfen lassen muss. Damit wird das Problem vom Tisch gewischt. Das meinte Goethe mit der exakten sinnlichen Phantasie. Alles gehört dazu, jede menschliche Eigenschaft, etwas zu begreifen und zu verstehen. Es geht heute verstärkt auch darum, z.B. das Analogiebewusstsein zwischen Mikro- und Makrowelt zu schärfen.

Hat das Thema Farbe Sie stark eingenommen?

Ja – natürlich. Sinneswahrnehmungen aller Art in ihrem wechselseitigen Zusammenhang haben mich immer stark interessiert.

(Es folgt ein Ausflug darüber, dass das Yin und Yang innerhalb der koreanischen Flagge in Beziehung steht zum genetischen Code der vier Aminosäuren, der sich aus ganz ähnlich einzuordnenden Grundbausteinen kombinatorisch aufbaut, was die Chinesen bereits vor 3000 Jahren erkannten… So nimmt das Gespräch seinen weiteren interessanten Lauf, dem der Besucher fast immer folgen kann…)

Vielen Dank für dieses Interview, Herr Bendin.

Homepage Eckhard Bendin: Beiträge zur Farbe in Wissenschaft, Bildung und Gestaltung
https://www.bendin-color.de/

Sammlung Farbenlehre der TU Dresden:
https://tu-dresden.de/bu/architektur/die-fakultaet/einrichtungen/sam_farbenlehre
http://www.colour.education/sammlung-farbenlehre/

Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Sammlung_Farbenlehre
https://de.wikipedia.org/wiki/Eckhard_Bendin


Die Fragen stellte Holger Everding.
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Color People Interview

Dr. Andreas Kraushaar, FOGRA

Dr. Andreas Kraushaar

Dr. Andreas Kraushaar (39) ist Leiter der Abteilung Druckvorstufentechnik bei der Forschungsgesellschaft Druck e.V. (FOGRA). Die FOGRA ist eine gemeinnützige Institution mit Sitz in München, die sich vor allem der Standardisierung und Qualität in Druckprozessen widmet. Neben dem “Prozesstandard Offset” (PSO) sind die FOGRA-ICC-Profile in Druckereien bekannt. Aktuell ist z.B. “FOGRA39”, mit dem Farbe sinnvoll in CMYK für den Offsetdruck auf gestrichenen Papieren gewandelt werden kann.

Dr. Kraushaar ist nach seinem Medientechnik-Studium an der TU Ilmenau in die FOGRA eingetreten. Dort hat er parallel sein Promotion an der RWTH Aachen abgeschlossen. Zahlreiche praktische und wissenschaftliche Veröffentlichungen stammen von ihm, und er ist maßgeblich an der Umsetzung des Prozessstandards Digitaldruck (PSD) beteiligt. Er bekleidet bereits in jungen Jahren eine einflussreiche Position im Bereich Farbe – und dies mit größtem Enthusiasmus.

Kraushaar stammt aus dem Eichsfeld und lebt jetzt in München.

Fragen an Andreas Kraushaar

Herr Kraushaar, welches ist Ihre Lieblingsfarbe und was verbinden Sie damit?

Das ist bei mir ziemlich profan. Meine Lieblingsfarbe ist Grün. Ich habe mein erstes Auto Kawasakigrün-Metallic lackieren lassen. Heute schäme ich mich fast dafür, aber es war die Zeit, ich fand es sehr attraktiv und finde es immer noch sehr schön. Wenn ich mir heute zum Beispiel Spielsteine aussuchen darf, wähle ich Grün. Dies ist ja auch die Farbe der Hoffnung – ich war früher Messdiener und habe die grünen Messkleider sehr gern getragen.

Wie gelangten Sie zum Thema Farbe?

Ich habe in Ilmenau Medientechnik studiert und kam durch Zufall zur Lichttechnik. Dort habe ich Professor Dietrich Gall und dessen Vorlesungen kennen gelernt. Was mich fasziniert hat, ist, dass er als Farbfehlsichtiger einen ganz besonderen Zugang zu Farbe hatte. Er war zum einen fasziniert von Farbe, wollte aber auch die Urteile der andere verstehen und wissenschaftlich falsifizieren. Er versuchte also unsere Aussagen geschickt zu hinterfragen und uns vor Hürden zu setzen. Das fand ich sehr spannend und interessant. Professor Gall hat auch das wissenschaftliche und das harmonische Wesen der Farbe sehr schön voneinander getrennt. Professor Gall, der heute im Ruhestand, aber immer noch sehr aktiv ist, ist der Grund dafür, dass ich mich heute so intensiv mit Farbe beschäftige.

Was ist heute Ihre Aufgabe betreffs Farbe?

Im Bereich der Forschungsarbeit der Druckvorstufe der FOGRA habe ich eine gewisse Gestaltungsfreiheit. Das ist ein weiterer Grund, weshalb ich mich dort sehr wohl fühle. Ich arbeite nicht nur feste Programme ab, sondern kann eigene Schwerpunkte setzen und selbst entscheiden, wohin die Reise geht. Es ist meine Aufgabe, den praktischen Umgang mit Farbe im Druck sehr gut zu beherrschen, damit wir in Seminaren, Prüfungen und Symposien den Spagat zur praktischen Nutzung treffen. Wir müssen auf der einen Seite die Programme gut kennen, damit wir wissen, wie man es es gut umsetzt, und es auf der anderen Seite die Vorgehensweisen gut kommunizieren. Es ist meine Hauptaufgabe, die praktischen Herausforderungen im Bereich ColorManagement, Bildschirmmessung, Modellierung zu beherrschen und in einfachen Worten für die Zielgruppe aufzubereiten.

Wohin geht die Reise?

Bei der Bildqualität ist Farbe nach wie vor ein sehr wichtiger Aspekt. Farbe im 3D Druck wird ebenfalls ein wichtiges Thema. Bei Farbe und Appearance kommen zur Farbe selbst weitere Aspekte hinzu wie die Textur, der Glanz, die Oberflächenbeschaffenheit und der Blickwinkel.

Die FOGRA

Woran arbeiten Sie momentan?

Aktuell arbeite ich am Thema Farbe von Zähnen. Das ist nicht nur sehr spannend, sondern auch das demütigste Thema, das ich bisher erlebt habe, denn dort hat man neben der Reflexion die Herausforderungen Opaleszenz, Transparenz, Transluzenz, Fluoreszenz. Es ist die Königsdisziplin, ich bin gespannt, wie sich das Projekt entwickeln wird.

Das Thema Farbe ist immer spannend und herausfordernd, auch wenn ich mich “nur” auf den Bereich der Farbmetrik, Farberscheinung, Farbdifferenzen konzentriere.

Was fasziniert Sie am Thema?

Es ist die Interdisziplinarität. Wir haben so viele Zugänge und so viele Ansätze zur Farbe! Farbharmonie, Augenkunde, Farbphysiologie, Farbphysik,.. Man kann als Ingenieur, Physiker, Designer, als Biologe oder Psychologe mit Farbe arbeiten. Mich fasziniert immer wieder die Schönheit der Farbe, und der gleichzeitige technische Blick: wie kann ich die Farbe in der einen oder anderen Weise möglichst exakt reproduzieren, wie metamer ist es?

Vielen Dank für dieses Interview, Herr Dr. Kraushaar.


Die Fragen stellte Holger Everding.

Weitere Informationen

…finden Sie unter http://www.fogra.de.[:]